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Paris und Vienna

Werk
EinheitstitelParis und Vienna
Feld der SchriftlichkeitLiteratur
TexttypErzählliteratur
TextsorteProsaroman
Überlieferungunikal
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Anzahl der Drucke2
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Referenzen zum Werk

HC, VL

Textzeuge
TitelDe historie van deme framen riddere paris vnde van der schone vienna des dolfijns dochter
SignaturUppsala, Universitetsbiblioteket, Inc.34:58
UmfangBll. 1-77.
MediumDruck
FormProsa
Jahrhunderthälfte15/2
Epoche1370–1530
Entstehungsdatum1488
Schreibort/DruckortAntwerpen
Schreiber/in / Drucker/inGerard Leeu
Varietätenbestimmung nach ReNnordniedersächsisch
Herkunftsgeschichte

Antwerpen

Inhalt

Zu Zeiten König Karls herrscht im Dauphiné der Dauphin Godefroy Dallenson mit seiner Gattin Dyane. Ihre einzige Tochter Vienna möchten sie mit einem hochadligen Mann verheiraten, doch seit jeher ist Paris, der Sohn von Messire Jaques, einem reichen Vasallen des Königs, in Vienna verliebt. Wegen des Standesunterschieds traut er sich nicht, ihr seine Liebe zu gestehen, sondern bringt ihr stattdessen nachts anonyme Ständchen unter dem Balkon. Als der Dauphin ein Turnier ausrichtet, nehmen Paris und sein Vertrauter Eduard unerkannt daran Teil und erringen den Sieg, ohne ihre Identität preiszugeben. Auch aus einem weiteren, in Paris vom König veranstalteten Turnier geht Paris als maskierter Sieger hervor. Die Siegeszeichen verbirgt er in einer kleinen Privatkapelle, die seinen Gemächern angeschlossen ist. Nachdem Eduard ihn überredet hat, bei weiteren Turnieren in Brabant offen anzutreten, übergibt er den Schlüssel zu seinem Zimmer seiner Mutter mit der Bitte, niemanden einzulassen. Derweil sorgt sich Messire Jaques, weil sein Sohn nicht am heimischen Turnier teilgenommen hat und allzuviel Zeit mit dem Bischof Laurentius verbringt, den er im Verdacht hat, Paris zu einem Geistlichen machen zu wollen. Als Jaques in Paris Abwesenheit erkrankt, statten Dyane und Vienna dem kranken Vasall einen Besuch ab. Paris Mutter führt die Gäste durch das Schloss, wobei sie ihnen auch Paris Räume zeigt. Da erblickt Vienna die Rüstung des unbekannten Ritters und nimmt, nachdem sie den Kapellenschlüssel und die Kleinodien gefunden hat, die Beweise für Paris Erfolg an sich. Von nun an ist auch sie verliebt.
Nach seiner Rückkehr bemerkt Paris, dass seine Schätze fort sind. Da seine Mutter keinen Zu-sammenhang zwischen dem Besuch der Herrscherfamilie und dem Fehlen von Gegenständen herstellt, vermutet Paris einen Einbruch. Vienna hat inzwischen dem Bischof ihren Fehltritt gestanden und ihn gebeten, Paris zu ihr in den Palast zu bringen. Sie bittet ihn um Verzeihung und beide gestehen einander ihre Liebe. Um Viennas Verheiratung mit einem anderen Mann zu verhindern, ersucht das Liebespaar Messire Jaques um Fürsprache beim Dauphin. Dieser reagiert zornig, so dass die Liebenden keinen anderen Ausweg sehen als zu fliehen. Begleitet von Viennas engster Vertrauter Isabeau reiten sie direkt in ein Unwetter hinein, vor dem sie Schutz in einer kleinen Kirche suchen. Allerdings spült der Regen die Flussbrücke davon, über die sie reiten wollten. Den währenddessen vom Dauphin ausgesandten Verfolgern entkommt nur Paris, Vienna wird in den Palast zurückgebracht. Sie weigert sich wiederholt, jemand anderes außer Paris zu heiraten. Schließlich sperrt Godefroy seine widerspenstige Tochter zusammen mit Isabeau in den Kerker. Der findige Eduard weiß, dass das Verlies an die Gewölbe der benachbarten Kirche grenzt. Unter dem Vorwand, sich eine persönliche Kapelle bauen zu wollen, gelangt er am Prior vorbei in die Katakomben, wo er einen Durchgang zu den Gefangenen aushebt. So kann er sie mit ausreichend Nahrung und Nachrichten versorgen. Eduard ist es auch, der Paris von dem Schicksal seiner Geliebten unterrichtet. Der Ritter fällt in so tiefe Verzweiflung, dass er keinen anderen Ausweg sieht, als in die Ferne auszuziehen. Im Orient erlernt er die sarrazenische Sprache, verkehrt mit den Menschen vor Ort und lässt sich einen Bart wachsen. Indem er einen kranken Falken des Sultans heilt, gewinnt er sein Vertrauen. Derweil entsendet der König von Frankreich den Dauphin als Pilger verkleidet ins Heilige Land, um für einen geplanten Kreuzzug Erkundungen vorzunehmen. Der Sultan fängt den Dauphin ab und wirft ihn ins Gefängnis. Paris möchte den Dauphin befreien, weshalb er dem Sultan gegenüber eine Handelsfahrt vorschützt, so dass er ihm sein Geleit gibt. Mit den Wächtern des Dauphin befreundet sich Paris und erhält Zugang zum Gefangenen. Der Dauphin verspricht dem Fremden sein Land und die Hand seiner Tochter, wenn er ihn aus dem Kerker erlösen würde. Mittels einer List überwindet Paris die Wächter, woraufhin beide mit einem Schiff fliehen können. Ins Dauphiné zurückgekehrt erhält Paris seine Tarnung noch so lange aufrecht, bis er sich überzeugt hat, dass Vienna auch den bärtigen Orientalen nicht als Bräutigam akzeptiert. Schließlich offenbart er seine Identität, Viennas Eltern vergeben ihm seine früheren Verfehlungen – unter anderem weil Vienna die Abzeichen seiner incognito errungenen Erfolge vorzulegen vermag – sowie seine nicht standesgemäße Herkunft und das Paar feiert eine prachtvolle Hochzeit.

Editionen
  • Paris und Vienna. Eine niederdeutsche Fassung vom Jahre 1488. Hrsg. von Axel Mante. Lund / Kopenhagen 1966 (Lunder germanistische Forschungen 37).
Forschungsliteratur
  • Äsdahl, Märtha (1945): Die mittelniederdeutsche Version des Volksbuches von Paris und Vienna. In: Nd. Mitt, 50-65.
  • Bachorski, Hans-Jürgen (1996): Posen der Liebe. Zur Entstehung von Individualität aus dem Gefühl im Roman Paris und Vienna. In: Röcke, Werner / Schaefer, Ursula (Hrsg.): Mündlichkeit – Schriftlichkeit – Weltbildwandel. Literarische Kommunikation und Deutungsschemata von Wirklichkeit in der Literatur des Mittelalters und der frühen Neuzeit. Tübingen, (ScriptOralia Bd. 71), 109-146.
  • Cieslik, Karin (2017): „… vnde sprac luder stemme, dat en islick horen mochte“. Die Gestaltung der Stimmen im mittelniederdeutschen Prosaroman „Paris und Vienna“ (Antwerpen 1488). In: Unzeitig, Monika / Schrott, Angela / Miedema, Nine Robijntje (Hrsg.): Stimme und Performanz in der mittelalterlichen Literatur. Berlin/Boston, (Historische Dialogforschung, 3), 175–194.
  • Diekmann-Dröge, Gabriele (1986): Paris und Vienna in Antwerpen. Der mittelniederdeutsche Frühdruck aus der Offizin Gheraert Leeus. In: Nd. W. 26, 55-76.
  • Diekmann-Dröge, Gabriele (2001): Nachwort. In: Paris und Vienna. Aus dem Niederdeutschen ins Hochdeutsche übertragen von Gerhard Wahle. Auf der Grundlage der von Axel Mante 1965 in Lund herausgegebenen niederdeutschen Fassung aus dem Jahre 1488. Stuttgart.
  • Fischer, Constanze (2003): Paris und Vienna. Zwischen Artusepik und Märchen. In: Nd. Kbl., 6-13.
  • Kaltenbacher, Robert (1904): Der altfranzösische Roman Paris et Vienne. Erlangen 1904.
  • Leloux, Hermanus Johannes (1973): Kulturelles, insbesondere literarisches Interesse der Brügger Osterlinge und niederdeutschen Literatur. In: Nd. Jb. 96, 18-33.
  • Leloux, Hermanus Johannes (1978): Mittelniederdeutsche, in den Niederlanden entstandene Mss. und Frühdrucke. Eine Übersicht über literarische Wechselbeziehungen zwischen den Niederlanden und Norddeutschland. In: Nachbarn 23, 26-28.
  • Meier Jürgen (1989): Paris und Vienna. In: Ruh, Kurt u.a. (Hrsg.): Die deutsche Literatur des Mittelalters. In: VL 7. Berlin, Sp. 306-309.
  • Ruh, Kurt (1978): Epische Literatur des deutschen Spätmittelalters. In: Neues Handbuch der Literaturgeschichte, 183.
  • Stammler, Wolfgang (1920): Geschichte der niederdeutschen Literatur. Leipzig / Berlin (Neudruck Darmstadt 1968).
  • Wolff, Ludwig (1965): Rezension. Paris und Vienna. Eine niederdeutsche Fassung vom Jahre 1488. Herausgegeben von Axel Mante. In: Nd. Jb. 88. 192-194.
Digitalisate von Forschungsliteratur
Kaltenbacher, Robert (1904): Der altfranzösische Roman Paris et Vienne. Erlangen 1904.
URLhttps://archive.org/details/deraltfranzosischeromanparis/page/n9/mode/2up
Digitalisate weiterer Textzeugen
Inc 9380.5 (32.3). Houghton Library, Harvard University, Cambridge, Mass.
URLhttps://nrs.lib.harvard.edu/urn-3:fhcl.hough:5132214
Weitere Materialien
Artikel im Handschriftencensus
https://handschriftencensus.de/werke/4733
Mitteilung

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