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Der Dieb von Brügge

Werk
EinheitstitelDer Dieb von Brügge
Titelvariante 1De deif van Brugghe
Autor/inunbekannt
Feld der SchriftlichkeitLiteratur
TexttypErzählliteratur
TextsorteVersnovelle
Überlieferungunikal
Anzahl der Handschriften1
Handschriften

Stockholm, Königliche Bibliothek, Cod. Vu 73.

Anzahl der Drucke0
Relation zur VorlageMotivübernahme
Textzeuge
TitelDe deif van Brugghe
SignaturStockholm, Königliche Bibliothek, Cod. Vu 73
UmfangBl. 84r-95v
MediumHandschrift
FormReim
Jahrhunderthälfte15/1
Epoche1370–1530
Entstehungsdatumum 1420/30
Schreiber/in / Drucker/inunbekannt
Varietätenbestimmung nach ReNostelbisch
Sprachliche Besonderheiten

versbedingte Abweichungen morphologischer oder syntaktischer Art

Inhalt

Der Dieb von Paris ruft den Dieb von Brügge zu Hilfe, um mit ihm gemeinsam den Goldschatz des Königs aus einem gesicherten Turm zu stehlen. Ihren Pakt besiegeln sie durch ein Übungsstück: Während der Pariser Dieb einer Elster unbemerkt die Eier aus dem Nest raubt, beweist der Kollege aus Brügge seine Meisterschaft, indem er dem Pariser Dieb unbemerkt die Hosen vom Leib stiehlt. Durch ein Mauerloch brechen sie in den Turm ein, der Diebstahl wird jedoch bemerkt. Bei ihrem zweiten Beutezug in der Folgenacht hat der Berater des Königs, ein erfahrener alter Ritter, eine Wanne siedendes Pech unter dem Einstiegsloch aufstellen lassen. Der Pariser Dieb fällt hinein und bittet sterbend den Freund, seinem toten Körper den Kopf abzuschlagen und sich um seine Familie zu kümmern, was der Brügger Dieb tut. Der Ritter lässt den kopflosen Leichnam durch die Stadt schleifen, um die Angehörigen des Diebes zu erkennen, wenn sie darüber wehklagen. Der Dieb von Brügge verhindert dies mit einer List, woraufhin der Ritter den Enthaupteten an einem Galgen aufknüpfen und bewachen lässt. Entschlossen ihn zu befreien, überlistet der Dieb sämtliche Wächter und kann mit dem Toten entkommen. Der König tobt und ist so entschieden, den Dieb in die Falle zu locken, dass der Ritter und er beschließen, diesem Zweck die Jungfräulichkeit der Prinzessin zu opfern. Da sie den Dieb von Brügge für einen Frauenheld halten, lassen sie folgende Nachricht verbreiten: wer eine Nacht im Schlosssaal in einem von 60 aufgestellten Betten verbringen wolle, dürfe sich nach Belieben mit der Königstochter vergnügen. Die Chance nimmt der Dieb wahr. Nachdem er als erster seinen Weg ins Bett der Prinzessin gefunden hat, kennzeichnet sie ihn mit einem Kreuz von roter Farbe auf seiner Stirn. Aber der Dieb weiß sich zu helfen, er verabreicht der Prinzessin und allen anderen Männern im Raum einen Schlaftrank, enwendet ihr die Farbbüchse und versieht jeden der Männer mit einem roten Kreuz. Als der König am nächsten morgen von seinem Berater aufgeklärt wird, nicht jeder der Männer habe bei seiner Tochter gelegen, sondern der Dieb sei für die anderen Kreuze verantwortlich, kapituliert er vor der Klugheit des Einbrechers und gibt ihm schließlich seine Tochter zur Frau.

Editionen
  • De Deif van Brugghe. Hrsg. von George Webbe Dasent. In: ZfdA 5 (1845), 385-404.
  • Die deutsche Märendichtung des 15. Jahrhunderts. Hrsg. von Hanns Fischer. München (MTU 12) 1966, 394-414, 551 (Nr. 48).
  • Die Stockholmer Handschrift Cod. Holm. Vu 73 (Valentin vnde Namelos, De verlorne sone, Flos vnde Blankeflos, Theophelus, ‚Die Buhlschaft auf dem Baume‘, De deif van brugghe, De segheler). Edition und Untersuchung einer mittelniederdeutschen Sammelhandschrift. Hrsg von Loek Geeraedts. In: Niederdeutsche Studien 32 (1984). Köln/Wien, 277-294.
  • Deutschsprachige Erzähler des Mittelalters. Hrsg. und übertragen von Manfred Lemmer. Leipzig 1977 (Sammlung Dieterich 370), 520-535.
  • De Deif van Brugge. Hrsg. von Jürgen Meier und Dieter Möhn. In: Spuren der Vergangenheit für die Gegenwart. Hundert niederdeutsche Texte zwischen dem 9. und 17. Jahrhundert. Leer (Schriften des Instituts für niederdeutsche Sprache, Dokumentationen 33), 241-244.
  • Deutsche Erzählungen des Mittelalters. Ins Neuhochdeutsche übertragen. Hrsg. von Ulrich Pretzel. München (Beck’sche Schwarze Reihe 170) 1978, 215-226 (Übersetzung).
  • ReN-Team (2021): Reference Corpus Middle Low German/Low Rhenish (1200–1650); Referenzkorpus Mittelniederdeutsch/Niederrheinisch (1200–1650). Version 1.1. http://doi.org/10.25592/uhhfdm.9195 [Leseversion des Textes „Dieb v. Br. Stockh. Hs.“]. 
Forschungsliteratur
  • Ahlsson, Lars-Erik (1968): De deif van Brugge – eine hanseatische Versnovelle. In: Nd. Jb. 91, 77-85.
  • Beckers, Hartmut (1979): Mittelniederdeutsche Literatur. Versuch einer Bestandsaufnahme I. In: Nd. W. 17., 33-35.
  • Bertagnolli, Davide (2016): Lachen um des Lachens Willen? Zur Komik im Dieb von Brügge. In: Amann, Klaus/Hackl, Wolfgang (Hrsg.): Satire – Ironie – Parodie. Aspekte des Komischen in der deutschen Sprache und Literatur. Innsbruck, 127-135.
  • de Bruijn, Elisabeth (2011): De codex spreekt boekdelen. Drie handschriften als sleutel tot de receptie van de Middelnederduitse ‚Flos unde Blankeflos‘. In: Nieuw letterkundig magazijn 29, 25-29. [online unter: https://www.dbnl.org/tekst/_nie012201101_01/_nie012201101_01_0006.php]
  • de Bruijn, Elisabeth (2011): Die ‚Floris ende Blancefloer‘-Überlieferung in den Nideren Landen, in: Bastert, Bernd/Tervooren, Helmut/Willaert, Frank (Hg.): Dialog mit den Nachbarn. Mittelniederländische Literatur zwischen dem 12. und 16. Jahrhundert. Berlin (Zeitschrift für deutsche Philologie 130, Sonderheft), 113-126.
  • de Bruijn, Elisabeth (2012): Copy-paste? Die handschriftliche Präsentation mittelniederdeutscher epischer Texte in Handschrift Stockholm, KB, Cod. Holm. Vu 73. In: Nd. Jb. 135, 33-57.
  • Fritsch-Rößler, Waltraud (2016): Das Kreuz an und mit dem Dieb von Brügge. In: Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen 253, 145-156.
  • Frosch, Frauke (1971): Schwankmären und Fabliaux. Ein Stoff- und Motivvergleich. Göppingen (Göppinger Arbeiten zur Germanistik 49), 220-221.
  • Krobisch, Volker (1994): Zur Datierung der Stockholmer Sammlung. In: Nd. W. 34, 75-76. [online unter:https://www.mundart-kommission.lwl.org/media/filer_public/bc/fb/bcfbd4cb-023f-4344-8d04-02229d461d01/band34_1994.pdf]
  • Krogmann, Willy (1971): Mittelniederdeutsche Literatur. In: Schmitt, Ludwig Erich (Hrsg.): Kurzer Grundriß der germanischen Philologie bis 1500. Bd. 2. Literaturgeschichte. Berlin, 263-325.
  • Meier, Jürgen (1970): Die mittelniederdeutsche Verserzählung „De deif van Brugge“. Stoffgeschichtliche und sprachliche Untersuchung. Neumünster (Forschungen des Vereins für niederdeutsche Sprachforschung, Reihe B, N.F. 7).
  • Meier, Jürgen (1980): Der Dieb von Brügge. In: 2VL 2, Sp. 86-88.
  • Päsler, Ralf (2007): Zwischen Deutschem Orden und Hanse. Zu den Anfängen literarischen Lebens im spätmittelalterlichen Preußenland. In: Stüben, Jens (Hrsg.): Ostpreußen – Westpreußen – Danzig. Eine historische Literaturlandschaft. München (Schriften des Bundesinstituts für Kultur und Geschichte der Deutschen im östlichen Europa 30), 155-173.
  • Schulz, Armin (2009): Ein Kriminalstück vor der Kriminalliteratur. Erzählform und Anthropologie im mittelniederdeutsche Märe Der Dieb von Brügge. In: Euphorion 103, 253-272.
  • Wisniewski, Roswitha (2005): Zwei Sammelhandschriften aus Pommern. Besonders zu ‚Marienklage‘, ‚Theophilus‘, ‚De segheler‘. In: Löser, Freimut / Päsler, Ralf (Hrsg.): Vom vielfachen Schriftsinn im Mittelalter. Festschrift für Dietrich Schmidtke. Hamburg (Schriften zur Mediävistik 4), 623-635.
Lehrmaterial
Mitteilung

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